S. Michel, Die Magischen Gemmen im Britischen Museum, 2001, 57-58, no. 87.
Karneol, stark poliert. Queroval, beiderseits leicht konvex, Rand nach hinten abgeschrägt, Kante nach vorn abgerundet. Keine Beschädigung. Ringstein.
1,3 x 1,7 x 0,4
2. Jh.n.Chr.
Von M. Ρarroth (1895).
Brit. Mus. Inv. G 524, EA 56524.
Vs.: Auf einer Grundlinie zwei weibliche Figuren im Profil einander zugewandt. Die linke Figur trägt einen langen Peplos und ist im Kontrapost stehend gezeigt. Der rechte Arm ist waagerecht ausgestreckt, die Hand hält einen langen Stab, der linke Arm ist angewinkelt, auf der geöffneten Handfläche ein rundliches kleines Gefäß, vielleicht ein Aryballos. Die rechte Figur ist geflügelt und ebenfalls mit langem, um die Hüften gebauschten Peplos bekleidet. Sie scheint auf Zehenspitzen zu stehen. Die rechte, leicht nach unten gebeugte Hand trägt einen Zweig, die linke ist angewinkelt zum Mund geführt, beinahe grußartig erhoben (vgl. ursprünglichen Nemesis-Gestus). Vor den Beinen der Göttin ein vierspeichiges Rad. Beide Frauenfiguren haben ein nur grobangedeutetes Profil und griechische Frisur. Im freien Feld zwischen ihnen eine liegende Mondsichel mit einem vierstrahligen Stern, unter der Grundlinie, spiegelverkehrt und von rechts nach links zu lesen:
ΦΥΛAΞΞΑΙ
zu lesen als φύλασσε, „Beschütze”
Rs.: Inschrift in fünf Reihen:
ΙAW
CAΒΑW
AΔWΝAΙ
ΖAΒΟΥΡΗ
IΟΜΒW
Enthalten: –>Iaô, ->Sabaôth, –>Adônai
ΖAΒΟΥΡΗ ist eine Verschreibung fier das häufig in Ζusammenhang mit Harpokrates erscheinende, jedoch ungeklärte Wort ΖAΓΟΥΡΗ.
Nach Meinung Bonners sei man durch die ausgewogene Verteilung der Figuren geneigt, hier die beiden Nemeses von Smyrna zu sehen (Pausanias 7.5.2). Smyrna galt zusammen mit Rhamnus in Attika als Hauptkultort der Göttin, deren griechischer Kult auch in Ägypten eingeführt wurde. In einer Anrufung werden die Νemeses ferner auch als Μaat-Göttinnen aufgefaßt und zusammen mit Sarapis verehrt. Da jedoch auf den Münzen aus Smyrna die beiden Göttinnen nicht so differenziert dargestellt sind wie hier, ließe sich - wie Bonner weiter ausführt - in der linken Figur Aphrodite, in der rechten dagegen Nemesis vermuten. Da letztere als Rächerin verschmähter oder gekränkter Liebender galt, lassen sich die beiden Göttinnen im Liebeszauber in Verbindung bringen bzw. wurden auch miteinander synkretisiert. Attribute und Habitus der linken Figur erinnern zudem an Darstellungen der Isis auf Uterusamuletten, auch das Material Karneol könnte in den Bereich der Frauenheilkunde weisen.
Aus Linien zusammengesetzte Flächen und Binnenzeichnung. Die Haltung der Figuren ist steif, nach Schemata der mittleren Kaiserzeit zitiert. Proportionen und Raumnutzung sind gut.
Publ.: BONNER, BRITMUS 324f., Taf. 96, 18. GOODENOUGH II 285f. Anm.570, III 1186; BEVILACQUA, ISCRIZIONI 23f. zu Nr. 22 Taf. 3, 4.
Lit.: Zu ZAΓOYPH: BONNER
159,
198. - Zu ΦYΛAΞON, ΦYΛACCE, ΔIAΦYΛACCE:
BONNER 180. - Zu Nemesis:
86 /CBd-486/(Lit.).
Vgl.: Zu den Nemeses von Smyrna: Münzen BMC IONIA 253 Taf. 26, 17 und 263, 281, 291, 296 Taf. 28f., 4.9.14.16; ferner
hier 298 /CBd-684/. - Zu geflügelter Nemesis mit Rad und Zweig: Onyx BERRY-COLL. 30 Nr. 52; Karneol AGHAGUE 301 Taf. 144, 875; Karneol AGD I, 3 MÜNCHEN 81f. Taf. 244, 2631; Praser AGD III BRAUNSCHWEIG 30 Taf. 11, 82 (weitere Vgl.). - Zur Inschrift ΦYΛACCE, ΦYΛAΞON: hier
205 /CBd-603/,
289 /CBd-675/–292 /CBd-678/,
499 /CBd-857/,
622 /CBd-981/,
623 /CBd-982/. - Zu Nemesis:
86 /CBd-486/(Vgl.). - Zu Isis auf Uterusamuletten:
371 /CBd-742/,
376 /CBd-747/–378 /CBd-749/.