The CBd
Philipp, Mira et Magica on CBd-207
Isis - Thermouthis (?)
9828. — Bergkristall. Form 6. Oberseite schwach konvex, Rand stark nach hinten abgeschrägt. Oberseite an zwei Stellen bestoßen. Die Charakteres oben in der Mitte z.T. in der (antiken?) Verletzung nachgeschnitten? Später dieselbe Stelle ein zweites Mal verletzt?
Vom Antiquarium übernommen.
2,85 x 0,5 x 9,8
1. bzw. 3.(?) Jh. n. Chr.
Vs.: Auf einem sanduhrförmigen Korb mit deutlich abgesetztem oberen und unteren Rand (Geflecht mit vier gekreuzten Linien angegeben) befindet sich mit aufgewundenem Schwanz eine Göttin mit Schlangenleib. Dieser ist im Profil dargestellt, der Oberkörper frontal und der Kopf im linken Profil. Den Oberkörper bekleidet ein kurzes Gewand mit rundem Halsausschnitt. Gekreuzte Diagonalen, unterbrochen von drei Gruppen querlaufender Linien, deuten das Stoffmuster an. Den Schlangen- oder Tierleib kennzeichnen ähnliche Diagonalen. Der linke, in die Hüfte eingestützte Arm hält eine Geißel, die ausgestreckte Rechte trägt einen Globus mit äquatorialem und meridionalem Ring. Die Haare sind seitlich eingerollt, einige Strähnen liegen im Nacken. Der Kopfputz ist wohl mißverstanden: Die Sonnenscheibe befindet sich hier unter dem Kuhgehörn und den Federn. Am Hals ein Reif? — Über dem Globus und hinter der Gestalt ist je ein sechs- bzw. achtzackiger Stern zu sehen. — Der Kopfputz könnte auf Isis weisen, der Schlangenleib auf die Erntegöttin Thermouthis, die in griechisch-römischer Zeit in enger Verbindung mit Isis gesehen wurde, wovon u.a. zahlreiche Terrakottadarstellungen zeugen. Die Geißel, deren Bedeutung umstritten ist, wird verschiedenen Gottheiten gegeben, eignet aber vor allem Osiris und dem Verstorbenen. Über ersteren wäre auch eine Verbindung zu Isis denkbar. Auch Hekate trägt die Geißel und kann im Verein mit Sarapis und Isis auftreten (vgl. Kat. Nr. 79 /CBd-2055/). Meist trägt Isis Thermouthis eine Fackel (wie auch Hekate). Andererseits sind Globus und Geißel (Peitsche) Attribute von Helios und vom löwenköpfigen Sonnengott Helioros. — Außer Isis erscheinen auch andere Göttinnen gelegentlich auf einem Korb, dessen Funktion nicht geklärt ist. — Zügiger, scharfer Schnitt. Linearer Stil (Augenbraue, Auge, Nasenflügel, Lippen mit eizelnen Strichen angegeben).Umlaufende Buchstaben und Charakteres, unter denen Ιαω als bekanntes Wort zu lesen ist.
Rs.: Isis schreitet auf einem mit gekreuzten Linien verzierten, kastenförmigen Podest(?) nach links (Beine im Profil, Körper fast frontal, Kopf im Profil). In der ausgestreckten Rechten das Sistrum, in der Linken die Situla. Die eingerollten Haare sind flüchtig mit schrägen Schnitten angedeutet, ebenso der Kopfputz. Hinter Isis ein achtzackiger Stern und ein liegender Halbmond. Bekleidet ist die Göttin wohl mit einem kurzen Chiton und einem in der Taille befestigten, sie eng umspannenden Mantel. — Die Figur ist äußerst kantig dargestellt, die Bewegungen sind eckig. Grobe Schnitte. Harter, linearer Stil. Offenbar von anderer, jüngerer Hand als die Vs. gearbeitet. — Umlaufend Charakteres und Buchstaben. Vielleicht ΘΥW rechts hinter der Figur zu lesen.
Publ.: Ausf. Verz. S. 379.
Lit.: Zu Thermouthis vgl. Weber 42ff.; Bonnet s.v. Thermuthis. Vgl. jetzt auch Gisèle Deschênes, Fs. Vermaseren I (1978) 305ff. Taf. 47ff. (die dort gezeigten Terrakotten Taf. 47-52, 1 stammen letztlich aus derselben Matrize und sind in die Mitte des 2. Jhs. n. Chr. zu datieren, das Stück Taf. 53, 1 ist später, um 200 n. Chr. anzusetzen). — Häufig ist die Isisbüste über einem Globus dargestellt (Hornbostel 263). — Zum Korb vgl. Weber 39 Anm. 40. — Zum Podest: Bonner, Amulets Nr. 14 /CBd-1281/. — Zur Geißel: Bonnet s.v. Geißel. — Zur Iao-Formel s. o. S. 22.
Bergkristall hielt man für "festes Wasser” bzw. Eis, und er wurde wegen seiner kühlenden Wirkung den Toten zum Schutz in den feurigen Gegenden des Jenseits in Form eines Ringes, einer Kugel oder Perle ins Grab mitgegeben. Vgl. Kat. “Römer am Rhein”, 1967, Nr. F 38. F 39. Vielleicht ist auch hier Kat. Nr. 74 im Totenkult verwendet worden. — Bergkristall wurde sonst vor allem zu Gefäßen und kleinen Figuren verarbeitet. Vgl. J. Roeder, BJb 165, 1965, 235ff.; Antje Krug, The J.Getty Mus.Journ. 10, 1982, 147f.
 
Last modified: 2015-06-22 12:28:19
Link: cbd.mfab.hu/pandecta/2316

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