The CBd
Michel, BM on CBd-502
S. Michel, Die Magischen Gemmen im Britischen Museum, 2001, 66-67, no. 102

Lapislazuli, matt. Hochoval, beiderseits flach, Rand nach hinten abgerundet, Kante rund. Abgegriffen. Ringstein.

1,7 x 1,2 x 0,3
2./3. Jh.n.Chr.
Herkunft unbekannt.
Brit. Mus. Inv. G 535, EA 35434.

Vs.: Ein aufgerichtet stehender Vogel im Profil nach links auf einer Grundlinie, aus der eine Pflanze emporsprießt. Die Strahlenkrone um den Kopf des langbeinigen Vogels kennzeichnet ihn als Phönix, der lange Schnabel ist leicht gebogen, ein ovales Auge kaum noch erkennbar. Der gerade Hals ist wie auch der übrige Vogelkörper glatt, nur der Flügel ist mit wenigen groben Linien als gefiedert abgehoben. Der Vogel blickt auf einen Obelisken links im Bild, der als langes Rechteck mit einem spitzdachähnlichen oberen Ende und vier nicht entzifferbaren „Hieroglyphen” entworfen ist.

Rs.: Skarabäuskörper in Aufsicht, darauf Harpokrateskopf im Profil nach rechts. Die Käferbeine sind ambivalent als Arme des Harpokrates zu lesen: der rechte angewinkelt mit nach außen weisendem Flagellum, der linke in typischer Harpokratesgeste angewinkelt erhoben und zum Mund geführt.

Rand: Mit zur Rückseite gerichteten Buchstaben, rechts auf Höhe des Vogelkopfes beginnend und umlaufend:
CAΛ....
ΧAΜΒΡΗ
CAΛΒ(AΝA)ΧAΜΒΡΗ, ->Salbanachambrê

In Bildern und Inschriften dieser Gemme sind mehrere Aspekte des ägyptischen Ursprungs- und Unsterblichkeitsmythos miteinander kombiniert. Mit der Wiederkehr des Phönix, der hier auf einem bewachsenen Felsen (Urhügel) steht, wurde - kalendarisch auf den ersten Tag des Monats „Thoth” fixiert - die Nilüberschwemmung assoziiert. Diese jährlich wiederkehrende Überschwemmung des Nils sorgte für ständige Regeneration der Natur und wurde daher symbolhaft mit dem Sterben und Regenerieren des Osiris in Bezug gesetzt, als dessen Seele wiederum der Phönix galt. Der die Flut ankündigende Sonnenvogel war somit selbst Symbol für Wiederaufstehung und ewiges Leben. Auch der Felsen, auf dem der in der Hieroglyphenschrift als Determinatiν für Nilflut verwandte Phönix steht, weist auf die Nilüberschwemmung und damit die verbundene Wiederbelebung (der Natur) hin: der felsige Grund „erblüht”, die Flora erwacht, die Zeit der Trockenheit nähert sich dem Ende. Aufgrund dieser Zusammenhänge interpretiert Wortmann den Οbelisken als Nilstandsmesser. Eng mit der Nilflut, dem Sterben und Auferstehen des Osiris, der Natur und allem Leben verbunden ist auch der Sonnengott Horus, der in Gestalt des Harpokrates am 1. Thoth aus der Flut geboren wurde. Dies wird anstelle der sonst üblichen Lotusblüte durch die Kombination mit dem Skarabäus ausgedrückt, - der Skarabäus als Hieroglyphe bedeutet „Entstehen, werden, geboren werden” (hpr) - und mit der Inschrift ->Salbanachambrê, „lebendes Herz der Sonne” kommentiert. In den Zauberpapyri sagt der Sonnengott von sich: „ich bin der heilige Vogel Phoenix, ich bin Krates (das Kind)..., ich bin Helios” (PREISENDANZ, PGM ΧΙΙ 229).

Stellenweise flach silhouettenhaft geschnitten, der Οbelisk erinnert in seiner einfachen Zeichnung an ägyptische Flachreliefs. Der miniaturhafte Schnitt des „Harpokrates-Skarabäus” ist hingegen tiefer und trotz der geringen Größe souverän, die Proportionen und Bewegungen überzeugen.

Lit: Zum Phönix: J. HUΒAUX,- M. LERΟΥ, Le mythe du phénix (1939) 38, 102ff.; P. PERDRIΖET, La tunique liturgique historiée de Saqqara, MMAΙ 34, 1934, 97-128 zu Taf. 7.8; WORTMANN, ΝILFLUT 103ff.; R. VAN DEN BROEK, The myth of the Phoenix according to Classical und Εarly Christian Traditions, EPRO 24 (1972) 196, 234, 243ff., 250, 301 Anm.3 Taf. 9-11; GARDIΝΕR Sign-list G 32; L. ΚÁKOSY, Une Tunique Solaire de Saqqara, Studia Aegyptiaca II, 1976, 193ff.; R. VOLLKOMMER, in: LIMC VIII 1 Suppl. (1997) 987ff. s.ν. Phoinix III; ferner hier 52 /CBd-431/Lit.), 56 /CBd-435/(Lit.), 405 /CBd-776/(Lit.), 471 /CBd-829/(Lit.). - Ζu „Νilometer”: 51 /CBd-430/(Lit.). - Zum Skarabäus: (Lit.). - Ζu Harpokrates: 104 /CBd-504/(Lit.).

Vgl.: Zum Phönix: Chalcedon DERCHAIN (1964) 186f. Νr. 14. 14; Braun-gelber Jaspis, stark von Chalcedon durchsetzt, gefaßt VERMEULE, SOΜMΕRVILLE COLL. Νr. 317; Brauner Jaspis mit grünen Streifen SKOLUDA 73 /CBd-1672/ (Phönix auf Fels, davor SiriusStern und adorierende Isis); hier 97 /CBd-497/, 347 /CBd-724/, 401 /CBd-772/(Vgl.)404 /CBd-775/. - Zum Stehen vor einem Οbelisk: 51 /CBd-430/(Vgl.). - Ζu Motiv und Thema der Rs.: Hämatit BONNER 143, 286 Taf. 9, 195 /CBd-1390/; hier 103 /CBd-503/, 104 /CBd-504/(Vgl.)122 /CBd-522/.
Last modified: 2015-08-27 16:14:13
Link: cbd.mfab.hu/pandecta/232

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