The CBd
Philipp, Mira et Magica on CBd-2113
Hahnenköpfiger Anguipes
9853. — Jaspis, grünbraun. Wohl Form 8. Oberer Rand stark bestoßen. Moderne Goldfassung.
ΕA
2,2 x 1,7 x 0,45
2./3. Jh. n. Chr.
Die Darstellung der monströsen Gestalt mit Schlangenbeinen und Hahnenkopf, im Panzer eines römischen Soldaten, mit Rundschild, wie er damals nur noch von ausgewählten Fußsoldaten (Josephus, BJ 3. 95) oder bei Götterdarstellungen getragen wurde, und mit Peitsche, ist in Verbindung mit der Abraxas-Formel so häufig, daß man im 17. Jh. die ganze Gruppe der magischen Gemmen als Abraxas-Gemmen bezeichnete. Es vereinen sich hier die verschiedensten Elemente: Der Panzer, den z. Β. auch Horus trägt, drückt vielleicht in römischer Weise irdische Macht aus, die Peitsche kann Böses geißeln, aber auch die Peitsche des Helios mit seiner Quadriga sein. Der Hahn, mit dessen erstem Schrei am Morgen Dämonenspuk endet (Schwartz), ist wohl über die jüdische Religion aus dem Persischen als Tier der Sonne eingedrungen, die Schlangenbeine erinnern an griechische Giganten (z. B. Typhon = Seth). A. Barb weist darauf hin, daß in diese Gestalt auch der jüdische Gigant Gibor eingegangen sein kann, der mit dem Urmenschen Adam zu identifizieren sei. F. M. und J. Η. Schwartz sehen in ihm die Darstellung des Erzengels Gabriel. Da es aber im auch von ihnen zitierten aithiopischen Buch Henoch 20, 7 heißt, er sei über die Schlangen gesetzt, wird man ihn sich schwerlich selbst mit Schlangenbeinen versehen vorstellen können. — Die Formel Abraxas ist vielleicht auch zum Namen dieser Gottheit selbst geworden, jedenfalls wird sie so auch von den Kirchenvätern verwendet, bei denen sich auch der Hinweis findet, daß die Summe der in den Buchstaben enthaltenen Zahlen auf die 365 Himmel bzw. auf Abraxas als allmächtigen Herrscher über diese Himmel hinweist. Die Form Sao, die meist auf dem Schild steht (vgl. zu Kat. Nr. 160 /CBd-2115/), ist wohl von dem jüdischen Jahwe herzuleiten. Beide Formeln kommen auch im Zusammenhang mit anderen Darstellungen vor (Bonner), wie sie auch hier durch andere ersetzt oder ergänzt werden können (vgl. hier Kat. Nr. 164 /CBd-2119/). — Wann diese — von einem einzelnen “Lehrer” erfundene? — Gestalt, die trotz aller Erklärungen immer noch rätselvoll ist, aufkommt, läßt sich nicht sicher sagen, aber seit dem 2. Jh. n. Chr. ist sie wohl bekannt gewesen und dann vor allem im 3. Jh. benutzt worden. Gerade wegen ihrer Beliebtheit erscheint sie auf zahlreichen Steinen, häufiger in sehr mäßiger Arbeit, d. h. auch der, der nicht viel Geld aufwenden konnte, bevorzugte dieses Motiv, dessen formelhafter Kombination eine ebensolche Darstellung wohl genügte. — Der sog. Abraxas steht frontal auf den nach rechts und links zur Seite gebogenen Schlangenbeinen, nur der Hahnenkopf ist im Profil gegeben. Der hohe Kamm, ein großer Schnabel, der deutliche Lappen darunter und der lange Hals im Federkleid charakterisieren ihn eindeutig. In der erhobenen Rechten schwingt der Gott die Peitsche, am ausgestreckten linken Arm trägt er den Schild, auf dessen Innenseite Armbügel und Griff zu sehen sind, und dessen Schildrand mit einem kordelartigen, dicken Wulst abgesetzt ist. Er trägt einen Panzer mit viereckigem Halsausschnitt, langen Laschen unten und an den Schultern. — Die Schuppen der Schlangenleiber sind mit kurzen gekreuzten Strichen gezeichnet, die Schlangenköpfe mit einer Art Kamm und Bart sowie aus dem kaum geöffneten Maul hervorschnellender Zungenspitze dargestellt. — Eine Schwingung des Oberkörpers nach hinten fängt die weit ausholenden, aber eckigen Bewegungen der Arme auf. — Sorgfältige Detailangaben bei zügiger Gesamtdarstellung.
Unter der Figur: IAW
Rs.: Charakteres und Buchstaben.
Publ.: Toelken S. 454 Nr. 115. Pieper 142.
Lit.: Zum Motiv: Bonner, Amulets 123ff. Delatte-Derchain 23ff. Barb, Abraxasstudien 76ff. Zusammenfassend: Sena Chiesa, Aquileia Nr. 1540. Schwartz 155ff. Nr. 1 /CBd-1367/-6 /CBd-1761/. RAC s. v. Engel V, 4 Sp. 201f. LIMC s. v. Abraxas (M. Le Glay). — Zum Panzer: Th. Kraus, MDIK 19, 1963, 100f.: Der Panzer zur Einbürgerung der dii peregrini im klassischen Götterkreis, als Legitimierung der Zwittergestalten mit Tierkopf oder -leib. — Zahlreiche Beispiele zusammengestellt: AGDS IIΙ Kassel Nr. 127ff. Antje Krug, BerRGK 61, 1980, 180f. Nr. 47 (aus Xanten). Zwei Beispiele auf Zypern (s.o. S. 9u. Anm. 18). P. J. Sijpesteijn, BABesch 247 Nr. 5. Div. Beispiele bei Maaskant-Kleibrink Nr. 1097-1104. Zwei Beispiele aus England: Henig Nr. 366.367 (s. S.10, Anm. 18). Henig, Lewis Coll. Nr. 252 /CBd-88/. — Charakteres: AGDS IIΙ Kassel Nr. 134. Wortmann, Mag. Gemmen 65 Nr. 2. — Zu Abraxas, Iao s. o. S. 22.
 
Last modified: 2015-08-04 11:40:31
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