The CBd
Michel, BM on CBd-684
S. Michel, Die Magischen Gemmen im Britischen Museum, 2001, 188, no. 298.

Grün-brauner Jaspis, schwach poliert. Hochoval, beiderseits flach. Bruchlinie schräg durch den Stein verlaufend. Drehbar in moderner Bügelfassung.

3,7 x 2,4
18. Jh.n.Chr.
Herkunft unbekannt.
Brit. Mus. Inv. G 456, ΕA 56456.

Vs.: Isis mit nach links gewandtem Kopf frontal auf einem Krokodil im Profil nach links stehend, Spiel und Standbein sind unterschieden. Die Göttin ist mit knöchellangem Himation bekleidet, der reiche Faltenwurf mit Querwülsten der Draperie und die Ponderation der Figur geben ihr ein statuarisches Gepräge. Sie hat den rechten Arm angewinkelt erhoben und hält in der Hand eine bärtige Schlange mit Sonnendiskus, die senkrecht schlängelnd ihr zugewandt ist. Die teilweise von Falten verdeckte Linke hält ein hohes Zepter, das oben floral mit zwei Knospen sowie Blättern endet. Am Schaft des Zepters, unter der Hand der Göttin, eine Situla, die gleichzeitig mit dem Zepter gehalten wird. Profil und Frisur sind präzise gearbeitet, auf dem Kopf die Isiskrone. Im freien Feld links und rechts →Charakteres und Buchstabenimitationen, das linke Zeichen ähnelt einem verflochtenen Monogramm:
IHC
Rechts :
MAΕ
Μ. Smith vermutet in den Buchstaben kryptographisch den Namen Michael (MIΧΑHL). Auch an „Jesus” und „Maria” wäre zu denken.

Rs.: Queroval. Eine stehende Greifin im Profil nach rechts auf einer Grundlinie, die rechts in einen menschlichen Körper mit Kopf und ausgestreckten Armen übergeht. Der Körper der Greifin ist glatt, die Beine mit verdickten Gelenken hufartig endend. ihr Kopf ist mit einem rundlichen Auge und gebogenem Raubvogelschnabel sowie kleinen stehenden Ohren versehen. Am Bauch zwei Zitzen, auf dem Rücken ein spitz zulaufender, nach oben gerichteter Flügel. Das linke Vorderbein ist waagerecht über ein sechsspeichiges Rad gelegt, im Schnabel eine kleine Waage mit zwei als Kugeln angegebenen Waagschalen. Rechts vor der Greifur, ihr zugewandt und ebenfalls die Waage berührend, ein hochbeiniger Vogel mit langem Hals, wohl ein Ibis. Der Schwanz der Greifin ist beinahe waagerecht ausgestreckt und endet in einen kleinen bärtigen Sarapiskopf mit Modius im Profil nach links. Im freien Feld links über dem Schwanz der Greifin eine liegende Mondsichel mit einem achtstrahligen Stern darüber.

Die Darstellungen beider Seiten lassen sich inhaltlich verbinden, die Gesamtaussage entspricht den vorangegangenen Stücken. Die Vorderseite gibt die Figur einer synkretistischen Isis wieder, wobei das Greifenmischwesen mit dem Rad auf der Rs. auf die Gleichsetzung mit der Schicksalsmacht Nemesis hindeutet (Petbe). Die Waage, der Ibis sowie der Sarapiskopf rufen weiterhin die Assoziation zu Texten hervor, die die smyrnischen Nemeses mit den ägyptischen Maat-Göttinnen verbinden. Diese verwalteten beim Totengericht zusammen mit Thoth (Ibis) das Wiegen der Herzen (Waage) und wurden zusammen mit Sarapis (Kopf am Schwanzende) verehrt. Das Gemmenbild ist trotz des anzunehmenden neuzeitlichen Ursprungs in sich schlüssig und setzt fundierte Kenntnis antiker Zusammenhänge oder entsprechende Vorlagen voraus. Das Stück dürfte im Zuge der wachsenden Gelehrsamkeit des 17. und 18. Jahrunderts entstanden sein.

Der Schnitt ist einfach und klar, stellenweise mit vielen Details versehen und sauber, so daß die gute Beherrschung des rotierenden Rades vorauszusetzen ist. Die Übergänge von Oberfläche und Tiefe des Intaglioschnitts sind nicht fließend, sondern stegartig stehen belassen. Proportionen und Haltungen sowie Raumnutzung sind geglückt. Der Stil spricht wie die sich vom antiken Jaspis abhebende Steinvarietät für eine Datierung in die Neuzeit, die Monogramme bzw. Geheimschrift-Buchstaben der Vs. muten zudem christlich an.

Publ.: BONNER, BRITMUS 312ff., 341 Taf. 100,71.

Lit.: Zu den Motiven: BONNER, ΒRITMUS 312ff. - Zur synkretistischen Isis: KATALOG Ägyρtisches Museum und Papyrussammlung. Staatliche Museen zu Βerlin (1991) 208 zu Nr. 127; H. Heiter, in: RE XVI (1935) 2354 s.v. Nemesis; 297 /CBd-683/(Lit.). - Zum Stehen auf dem Krokodil: 117 /CBd-517/(Lit.), 277 /CBd-663/(Lit.).- Zur Greifin der Νemesis/Petbe: 279 /CBd-665/(Lit.), ferner 289 /CBd-675/. - Zu Νcmesis/Maatgöttinnen: MERΚELBACH, AΒRAΧAS 170; ferner hier 87 /CBd-487/. - Zum Thema allg.: 279 /CBd-665/(Lit.), 289 /CBd-675/(Lit.), 296 /CBd-682/(Lit.). - Zu christlichen Elementen auf magischen Gemmen: 224 /CBd-622/(Lit.), 249 /CBd-647/(Lit.), 250 /CBd-648/(Lit.), 457 /CBd-815/(Lit.).

Vgl.: Standfigur der Isis-Demeter: KATALOG Ägyptisches Museum und Papyrussammlung. Staatliche Museen zu Berlin (1991) 208 Nr. 127 . - Zu Hekate/Nemesis auf einer am Boden liegenden Figur: 296 /CBd-682/(Vgl.), 297 /CBd-683/(Vgl.). - Zur Greifin der Nemesis/Petbe: 88 /CBd-488/(Vgl.), 279 /CBd-665/(Vgl.), 299 /CBd-685/, 564 /CBd-923/. - Zum Stehen auf dem Krokodil: 3 /CBd-382/, 117 /CBd-517/(Vgl.), 174 /CBd-572/(Vgl.), 469 /CBd-827/. - Zu kryptographischen, christlichen Elementen und zum Namen Jesus: 224 /CBd-622/ (Vgl.), 239 /CBd-637/, 249 /CBd-647/(Vgl.), 250 /CBd-648/(Vgl.), 398 /CBd-769/, 450 /CBd-808/, 457 /CBd-815/(Vgl.), 458 /CBd-816/, 460 /CBd-818/, 465 /CBd-823/, 538 /CBd-897/(Vgl.), 541 /CBd-900/(Vgl.), ferner 5 /CBd-384/.

 

Last modified: 2015-10-10 10:06:18
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