S. Michel, Die Magischen Gemmen im Britischen Museum, 2001, 246, no. 388.
Roter Jaspis, poliert. Hochoval, beiderseits flach, Rand nach hinten abgeschrägt, Kante nach vorn. Gut erhalten, Fassung verloren. Ringstein.
1,7 x 1,5 x 0,2
3. Jh.n.Chr.
Aus der Sammlung Towneley (1805) Nr. 198/199.
Brit. Mus. Inv. G 389, EA 56389.
Vs.: Nackte weibliche Figur frontal in einem nur mit Linien umrissenen Geburtsstuhl, Kopf im Profil nach links. Die Frau ist, sich an den rundlich verdickt auslaufenden Seitenlehnen festklammernd, mit gegrätschten Beinen in Hockstellung gezeigt, die Füße stehen auf einer kurzen Linie. Geschlechtsteile und Brüste sind nicht angegeben, wohl aber ein rundlich gewölbter Bauch. Mit einigen Kerben ist langes, wirres Haar bezeichnet, das Profil der Frau besteht aus einer spitzen Nase, spitz abstehenden Lippen und einem ovalen Auge mit Pupille. Der Geburtsstuhl ist nur mit Linien umrissen, die Armlehnen rundlich verdickt. Die Szene ist von einem fein gerippten Οuroboros umgeben, dessen großer Kopf mit ovalem Auge direkt über der Frau mit dem Schwanz zusammentrifft. Außerhalb des Οuroboros umlaufende Inschrift, über dem Kopf der Schlange beginnend:
ΑΕHIOΥWΘOΡWΡIΦΡACIOΡΟPIΟΥΘ
→Vokalreihe, →Arôriphrasis,→Orôriouth
Bei der Inschrift scheint es sich um ein Wortspiel mit dem Namen →Orôriouth zu handeln, der durch die Anhängung des Θ (Theta) zunächst in der →Vokalreihe anklingt, sodann auch mit →Arôriphrasis, einem Ζaubernamen für Aphrodite, verschmolzen und schließlich nochmals in ursprünglicher Form zitiert wird.
Rs.: Im Zentrum des Bildfeldes ein Skarabäus in Aufsicht senkrecht nach oben. Der Käferrücken wird durch Senkrecht- und Parallellinien gegliedert, die Kopf, Thorax und Εlytren markieren sollen. Unter dem Käfer ein kugeliges Symbol mit sieben tintenfischarmähnlich abzweigenden Linien unten („Uterus in Οktopusform”). Über der Darstellung drei Buchstaben:
ΚKK
sog. Kolikcharakteres
Die drei K's erscheinen in der Regel als →Charakteres auf Kolikamuletten. Barb interpretiert sie als hebräisches „Trishagion” (Kadosh = Hagios = Sanctus).
Das lose Haar der Frau, die Haltung und der Geburtsstuhl lassen eindeutig erkennen, daß eine Gebärende dargestellt und die Hauptseite des Amuletts der Schilderung des Geburtsvorgangs gewidmet ist. Der rote Jaspis ist geläufiges Material für die Kolikamulette, ebenso gehören die →Charakteres KKK in diesen Bereich. Motive und Inschriften beziehen sich somit auf die Geburt und die offensichtlich mit Kolik gleichgesetzten Schmerzen und Geburtswehen.
Die Arbeit ist kleinteilig und detailliert modellierend geschnitten, in der Komposition jedoch schematisch steif.
Publ.: BONNER 276 Taf. 7, 145 /CBd-759/, ferner 90 Anm.50, 92f., 199; MICHEL, AMULETTGEMMΕN 387 Anm.13.15 (erw.).
Lit.: 387 /CBd-758/(Lit.). - Zu den Kolikcharakteres: 390 /CBd-761/(Lit.). - Zum Motiv der Rs.: 376 /CBd-747/(Lit.).
Vgl.: Zu Material und Vokalrehe in Verbindung mit dem Wert ΟΡΟΡΙΟΥΘ: Roter Jaspis SMITH-HUTTON, COOK COLL. 55 Taf. 9, 252. - Zum Motiv der Vs.: 387 /CBd-758/, 389 /CBd-760/(Vgl.). - Zum Motiv der Rs.: 376 /CBd-747/(Vgl.), 377 /CBd-748/. - Zum Uterus im Oktopustypus: 376 /CBd-747/(Vgl.), 377 /CBd-748/, 387 /CBd-758/. - Zu den Kolikcharakteres: 389 /CBd-760/, 390 /CBd-761/(Vgl.)–394 /CBd-765/.