The CBd
Michel, BM on CBd-776

S. Michel, Die Magischen Gemmen im Britischen Museum, 2001, 255-256, no. 405.

Dunkler Hämatit, matt. Hochoval, beiderseits flach, Rand nach hinten abgeschrägt, Kante abgerundet. Auf der Vs. mehrere kleine Absplißlöcher, rechts unten Abspliß, auf der Rs. links oben sowie rechts unten kleine Absplisse. Ringstein.

1,6 x 1,2 x 0,3
4./5. Jh.n.Chr.
Aus der Sammlung Castellani (1872) Νr. 1415.
Brit. Mus. Inv. G 434, EA 56434.

Vs.: Ibis im Profil auf einer Grundlinie von rechts nach links schreitend. Der Vogel ist flüchtig geschnitten, Federn kaum angedeutet. Der mit einer Querlinie angegebene Flügel scheint durch einige parallel gesetzte senkrechte Linien am Rücken als leicht gespreizt „schlagend” gemeint. Μit einer langen Leine oder Schnur am Hals ist der Vogel an ein altarähnliches Gebilde mit zylinderförmigem Aufsatz festgebunden, von dem stengelähnlich drei Linien emporragen.

Rs.: Inschrift in drei Reihen:
ΠECCE
ΠECCE
ΠECCE
πέσσε πέσσε πέσσε, „Verdaue!, Verdaue! Verdaue!”

Die dreifache Wiederholung des Imperativs gibt dem Spruch beschwörenden Charakter.

Das Motiv ist häufig mit der Inschrift ΠΕCCΕ in dreimaliger Wiederholung oder - wie Vergleichsbeispiele belegen - IΑW verbunden. Auffällig ist die häufige Verwendung von bräunlich-schwarz gesprenkelten Steinvarietäten oder Serpentin und Limonit. Auch für die Gruppe der herzförmigen Serpentinmedaillons sowie für Bronzeanhängern ist das Motiv des gebundenen Ibis geläufig, dort jedoch mit weiteren Topoi wie Chnoubis, Uterusthematik und Salomon vermischt (407 /CBd-778/416 /CBd-140/, 453 /CBd-811/, 454 /CBd-812/). Der Ibis, der sich auf magischen Gemmen als Erscheinungsform des Thoth oder Hermes verfolgen läßt, ist hierbei im Sinne einer defixio an einen altarähnlichen Gegenstand mit drei aufragenden pflanzenartigen Gebilden gefesselt. Die Bedeutung dieses Gegenstandes ist umstritten, am ehesten überzeugt der Vorschlag, in dem pflanzenähnlichen Aufsatz die Überschwemmungshieroglyphe (dbhw) zu sehen. Während man das Motiv des an den Gegenstand gebundenen Ibis gemeinhin - vermeintlich durch die Inschrift der Rs. unterstützt - auf Verdauung und Vergiftung bezieht, wäre auch eine Verwendung als Uterus-Amulett in Erwägung zu ziehen. In ägyptisch-medizinischen Texten und auch in den Papyri sind sowohl Ibis als auch Thoth in Heilungsprozesse bei Gebärmutterleiden oder Kontrolle von Blutungen involviert. Hierbei wird die Blutung mit der Nilflut verglichen, gegen die dann sinnbildlich von Thot oder auch Anubis Dämme errichtet werden müssen (vgl. Überschwemmungshieroglyphe). Daß das Μotiv in Verbindung mit der Uterusthematik zu stehen scheint, wird weiterhin durch die herzförmigen Serpentinmedaillons nahegelegt, auf denen das Ibismotiv mit Uterussymbol und Schutzgottheiten kombiniert ist. Was die Inschrift „Verdaue” betrifft, so wäre darauf hinzuweisen, daß der „gebundene” Ibis auf byzantinischen Bronzeanhängern mit Hystera und Gebärmutterleiden in Verbindung gebracht wird und sich die begleitenden Inschriften dort auf das Essen und trinken von Βlut beziehen.

Der Schnitt ist auf das Wesentliche reduziert, Flächen werden nur mit den notwendigsten Linien aufgelockert. Die Proportionen des Vogels sowie die Raumnutzung sind gut, so daß die flüchtig angelegte Darstellung trotz silhouettenhafter Wiedergabe klar verständlich ist.

Publ.: ΜICΗΕL, AMULETTGEMMEN 386 Αnm.9 (erw.).

Lit.: Zum Motiv: BONNER 51ff.; WORTMANN, NILFLUT 96ff.; ZWIERLEIN-DIEHL, KÖLN 84f. zu Νr. 22; ΗEΝΙG, CAΜΒRIDGE 228f. zu Νr. 503 /CBd-107/.504 /CBd-114/; 56 /CBd-435/(Lit.). - Zur Überschwemmungs-Hieroglyphe (dbhw): BONNER 52; DELATTE-DERCHAIN 142; WORTMANN, NILFLUT 96; AGWIEN III 163 zu Νr. 2209 /CBd-2453/ (Mühltrichter). - Ζu Ibis, Thoth und Uterus: PREISENDANZ, PGΜ VII 300.366-369 Τaf. 1, 2; BΕΤΖ 124f. Anm.33 Abb; BONNΕR 81f. Anm.9.10; AUBERT, ΤΗREΑΤΕΝΕD WOMBS 425 Αnm.7; WESTENDORF, HEILKUNST 199ff.; WESTENDORF, ΤΕXTE (A) 144ff., 146, 153; SPIER, TRADITION 43 Anm.105. - Zum Wort ΠECCE: BARB, MΑGICA VARIA 357ff. - Zu den Serpentinmedaillons: 407 /CBd-778/(Lit.). - Zu den Bronzeanhängern/Hystera: SPIER, TRADITION 29, 46, 52 zu Nr. 6 Taf. 1, b, 55 zu Nr. 34 Taf. 3, b; hier 453 /CBd-811/, 618 /CBd-977/(1,ite.).

Vgl.: Zu Motiv und Inschrift: Limonit BONNER 266 Taf. 4, 77 /CBd-1322/79 /CBd-1039/; Unident., grau FOSSING, KOPENHAGEN 251 Taf. 21, 1873; Unident., bräunlich-schwarz ZWIERLEIN-DIEHL, KÖLN 841 Taf. 16, 22 /CBd-1956/; Glans, dunkelviolett BRITMUS Inv. M&LA 1993,2-6,2 (unpubl.); Glas STERNBERG, AUKTION 23, 1989, 71f. Nr. 236; Unident., schwarz, braun gesprenkelt GETTY MUSEUM Inv. 84.AN.1.85 /CBd-2372/ (unpubl.); hier 406 /CBd-777/. - Zum Motiv: Steatite HENIG, CAMΒRIDGE 228f. Nr. 503 /CBd-107/.504 /CBd-114/; Serpentin SKOLUDA 23. MICHEL, AMULETTGEMMEN 382 Abb. 9; Serpentinit PHΙLIPP, BERLIN 85f. Taf. 29, 121 /CBd-2094/; Schwarzer Jaspis und Hämatit DELATTE-DERCHΑΙN 145f. Nr. 186.187; Steatite PETRIE, AMULETS 30 Taf. 22, 135v.w; Heliotrop AGWIEN III 163 Taf. 97, 2209 /CBd-2453/ (Rs.); hier 407 /CBd-778/(Vgl.)410 /CBd-781/, 413 /CBd-163/, 416 /CBd-140/, ferner 453 /CBd-811/(Vgl.), 454 /CBd-812/.

Last modified: 2015-10-20 23:31:01
Link: cbd.mfab.hu/pandecta/631

Related objects: 25 item(s)