S. Michel, Die Magischen Gemmen im Britischen Museum, 2001, 289, no. 466.
Heliotrop, poliert. Hochoval, beiderseits flach, Rand nach hinten abgeschrägt, Kante nach vorn. Ringstein.
1,4 x 1,2 x 0,2
1./2. Jh.n.Chr.
Von G. Eastwood, Esq. (1864), ehemals Sammlung Praun und Mertens.
Brit. Mus. Inv. G 133, EA 56133.
Vs.: Linear entworfenes altarähnliches Quadrat, das links und rechts von je einer geflügelten Figur flankiert wird. Die beiden im Profil einander zugewandten Figuren scheinen lange Gewänder zu tragen, die Körper sind von der Hüftgegend abwärts säulenartig mit den Seiten des altarähnlichen Quadrates verschmolzen, am Rücken längliche spitzovale Flügel, Beine und Füße nicht angegeben. Beide haben jeweils einen Arm leicht gebeugt erhoben ausgestreckt und halten einen ovalen Kranz mit flatternden Bändern, die Köpfe sind nur grob mit Nasen versehen und scheinen als bekränzt gedacht zu sein. Innerhalb des Quadrates Inschrift in zwei Reihen:
TETΑ
ΟPA/E
darunter in einer Reihe fortgesetzt:
TΟΝ
Verschreibung von Τετραγράμματον, „Tetragramm”
Wort der vier Buchstaben, das schon Philon als Umschreibung für den geheimen, unaussprechlichen und heiligen Namen (Gottes) nennt (Vita Mosis, 2, 115), der unter Streichung der Vokale mit den vier hebräischen Konsonanten YHWH ausgedrückt wird (vgl. →Iaô). Im Buch Exodus (3, 14) offenbart Gott Moses seinen Namen in der Form des Tetragrammatons.
Rs.: leer.
Die „Visualisierung” des Tetragramms ist auf das Münzbild „Altar der Roma mit Augustus” zurückzuführen, das in der frühen Kaiserzeit und unter Augustus geläufig war. Das Amulett dürfte speziell für jüdischen Gebrauch zu einer Zeit hergestellt worden sein, als die Münzen noch im Umlauf waren, also nicht später als das 2. Jh.n.Chr. Aufgrund fehlender Vorlagen wurden zur Artikulation entsprechender Inhalte offensichtlich Motive aus anderen Zusammenhängen adaptiert und mit einer Sinnumwandlung versehen.
Trotz geringer Größe und fehlender Details ausdrucksvoll und charakteristisch geschnitten.
Publ.: C. DE MURR, Description du Cabinet de M. Paul de Praun (1797) 350 Nr. 1063; KING, GNOSTICS (1864) 204 Taf. 2, 6; KING, GNOSTICS 441 Taf. H, 2; BONNER 29 Anm.32; GOODENOUGH II 241 Αnm.222.223, IlΙ 1068.1069; SMITH, OLD TESTAMENT MOTIFS 190 Abb. 3; KOTANSKY, REMNANTS 152 Anm.24.
Lit.: SMITH, OLD TESTAMENT MOTIFS 190 zu Abb. 3. - Zum Tetragrammaton: GOODENOUGH II 241f.; J. TRACHTENBERG, Jewish Magic and Superstition (1939) 100; MARTINEZ, LOVE CHARM 74; R.KIECKHEFER, Magie im Mittelalter (1992) 172f.
Vgl.: Zu den Münzen: BMCRE 94 Taf. 21, 4 (Rs.); GOODENOUGH IΙ 241 Anm.229, III 1070.