The CBd
Michel, BM on CBd-996

S. Michel, Die Magischen Gemmen im Britischen Museum, 2001, 364, no. 637.

Amethyst, stark poliert. Hochoval, Vs. flach, Rs. leicht konvex, Rand nach hinten abgeschrägt, Kante nach vom. Keine Beschädigung. Ringstein.

1,7 x 1,2 x 0,4
17. Jh.n.Chr.
Aus der Sammlung Towneley (1805).
Brit. Mus. Inv. G 427, ΕA 56427.

Vs.: Sarapiskopf, frontal über einem bauchigen, sich nach unten spitzoval verjüngenden Gefäß mit kurzem rundlichen Fuß, zwei quadratischen Henkeln sowie einem breiten Hals. Links und rechts des Gefäßfußes je eine Ähre, durch den linken Henkel ist ein Kerykeion, durch den rechten ein Palmzweig oder eine weitere Ähre geschoben. Auf der Gefäßmündung ruht frontal der von sechs Strahlen umgebene, große bärtige Kopf mit einem flachen trichterförmigen Modius. Eine breite Nase, Lippen, Augen, Augenlider und Augenbrauen sind angegeben, lokkiges und in der Mitte gescheiteltes Haar fällt über die Ohren herab. Im freien Feld links von oben nach unten spiegelbildlich geschrieben:
AIWΝ
ἀιών, „Äon”
Äon oder Aion bezeichnet die Ewigkeit. In der Gnosis wird das Wort für jenseitige Welten gebraucht und bedeutet zugleich auch engelhafte Mächte.

Rs.: leer

Die Form des Gefäßes ist unüblich, ebenso die Gesichtszüge des Sarapis, der als Christus aufgefaßt zu sein scheint. Bonner vermutet zudem einen Einfluß des Dionysus-Typus. Die Ewigkeitssymbole Palmzweig, Ähren und das - ambivalent auch als Schlangenstab zu verstehende - Kerykeion weisen als synkretistische Elemente auf Osiris sowie Thoth bzw. Hermanubis hin und implizieren die Gleichsetzung mit dem Heilgott Asklepios. Während die Strahlenkrone eher auf den solaren Charakter verweist (Helios, Christus), gilt der Modius als chthonisch behaftet (Sarapis). Das Gefäß selbst schließlich ist ein auf die ägyptische Kanope hinweisendes Requisit. Das Bild wird schließlich zusätzlich mit der magischen Inschrift „Aion” kommentiert. Εin derart gut durchdachtes synkretistisches Komposit dürfte der neuzeitliche Gemmenschneider nicht allein erarbeitet haben, ausschlaggebende Faktoren waren sicherlich Vorlagen antiker Amulette in Verbindung mit der neuzeitlichen Gelehrsamkeit. Aus all den visuellen und inhaltlichen Komponenten heraus dominiert letztlich ein eindrucksvolles Christusbild, das über die Symbolik von Tod und Auferstehung auf Ewigkeit hinweist.

Saubere, feine Arbeit mit Detailangaben, durchmodellierten Flächen und feinen Linien. Da der Amethyst zu den härtesten Steinen zu zählen ist, muß äußerste technische Perfektion des Steinschneiders vorausgesetzt werden. Allein die Raffinesse der Politur ist bewunderswert: Vollglanz der Aushöhlungen, Leuchtstellen im frontal gezeigten Gesicht, glänzende Fläche rund um die aureole.

Publ.: BONNER, BRITMUS 321 Taf. 96, 7 /CBd-996/.

Lit.: Zu Kerykaion, Palmzweig und Ähren: 52 /CBd-431/(Lit.), 40 /CBd-419/(Lit.), 107 /CBd-507/(Lit.). - Zum Kanopus: 38 /CBd-417/(Lit.).

Vgl.: Zu Kanopenfiguren auf magischen Gemmen: 38 /CBd-417/(Vgl.). -Zum Thema: 635 /CBd-994/(Vgl.), 636 /CBd-995/.

Last modified: 2016-02-15 23:41:32
Link: cbd.mfab.hu/pandecta/873

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