Kampf mit dem Löwen
15178. — Jaspis, rotgrün. Form 8. Gut erhalten. Am Rand geringfügig. bestoßen.
1900 von L. Hamburger gekauft.
2,6 x 2,2 x 0,5
1. Jh. n. Chr.
Ein jugendlicher Gott kämpft mit einem Löwen, der auf den Hinterbeinen steht und in gestreckter Haltung seine vorderen Tatzen auf dem linken Oberschenkel des Gottes verkrallt hat. Dieser ist ganz im Profil gezeigt wie ebenso der Löwe, hat das rechte Bein weit nach hinten gestreckt und den Löwen am Hals, in der buschigen Mähne, die einen starken Kontrast zum sehnigen Körper bildet, mit beiden Armen, die im Vergleich zum voluminösen Oberkörper recht schmächtig wirken, umklammert. Er trägt hohe Stiefel, offenbar einen Panzer mit langen Lederstreifen und darüber einen Mantel geschlungen, der sich mit steifem doppelten Bogen in seinem Rücken bläht und dessen Zipfel wohl in der Taille herabhängen. Auf dem Kopf trägt er die dreibündelige Hemhem-Krone. Das Haar hängt ihm seitlich ins Gesicht, ist aber wohl mit einem Band (Diadem?) gehalten, dessen Enden auf die Schulter fallen, wenn es sich nicht um eine herausgelöste Locke handelt. Das Gesicht wirkt mit den großen Augen unter dem breiten Strich der Augenbrauen fast maskenhaft. Nase und Mund sind im Vergleich auch zu den vollen Wangen klein, aber detailliert angegeben. Rechts hinter dieser Gruppe ein knorriger Baum mit einem blättertragenden Zweig. Dieser Baum ist auf fast allen Darstellungen mit diesem Löwenkampfmotiv zu finden. — Temperamentvolle, zügige Ausführung.
Umlaufend am Rand eine Inschrift:
ΚΥΡΟΥ EΥTΥXI TΥXH
κυροῡ εὐτυχ<ε>ῑ τύχῃ:
“Bezwinge (ihn) mit glücklichem Gelingen!” (H. Maehler) oder:
Κύρου (= κυpίου) εὐτύχ<ε>ι Τύχη:
"Tyche meines Herrn, habe gutes Glück!” (R. Merkelbach).
Die Gestalt des mit dem nemeischen Löwen kämpfenden Herakles war auch in römischer Zeit sowie in der Spätantike sehr beliebt. Magische Amulette mit entsprechenden Darstellungen wurden vor allem gegen Koliken verwendet, wobei es sich meist um einen roten oder rotgrünen (wie hier) Jaspis handelt, was nicht den schriftlich überlieferten Verordnungen entspricht. Die imperativischen Formeln zum Vertreiben der Koliken lauten meist anders als auf der vorliegenden Gemme, aber auch dieser Imperativ könnte sich auf Koliken beziehen. Die Heraklesamulette haben selten Charakteres, gelegentlich findet sich die Buchstabengruppe KKK.
Allerdings ist auf der Gemme Kat.
Nr. 84 /CBd-2021/ die Gestalt auch nicht als Herakles charakterisiert, denn es fehlen Keule, Löwenfell und Bogen; statt dessen ist er als Krieger gekleidet. Offenbar sind hier die Gestalten Herakles und David bzw. Samson, die beide in diesem Kampfschema dargestellt werden können (beide sind immer bekleidet, David, meist anders als Samson, mit einer kurzen Tunica und Mantel), sowie der kämpfende Horus, der in der Kaiserzeit gern als römischer Krieger dargestellt wird, miteinander verschmolzen. Die Hemhem-Krone trägt außer Zeus Kasiοs im Heiligtum von Pelusium der jugendliche Horus. Von daher mag sie in diese Darstellung eingedrungen sein. Diese Gemme ist also ein bezeichnendes Beispiel für die vielen möglichen synkretistischen Verbindungen dieser Zeit im östlichen Mittelmeergebiet.
Lit.: Zu Herakles: F. Pfister, Herakles und Christus, Arch.f.Religionswiss. 34, 1937, 42ff. Bonner, Amulets
62ff. — Samson: J. Fink, Antike u. Abendland 9, 1960, 86 (Samson und Herakles); ders., Die römischen Katakomben, Antike Welt, Sondernr. 9, 1978, 54 u. Anm. 157. Lex.d.christl. Ikonographie, s.v. Samson. — David: Weitzmann, Spirituality 451 Abb. 61 u. S. 479f. Nr. 429. Lex.d.christl.Ikonographie, s.v. David. — Horus: Bonnet, s.v. Horus, bes. S. 313f. — Zeus Kasios in Pelusium: C. Bonner, Hesperia 15, 1946, 51ff. Taf. 12. Bonnet s.v. Kasion, Pelusium. W. Jobst, Oester.Ak.d.Wiss.phil.-hist.Kl.Sb. 335, 1978, 1ff. bes. 32f. H. Donner, Die Beschwörung des großen Gottes, ZÄS 100, 1974, H.2, 82ff. — Zur Hemhem-Krone: Abd el Monem Joussef Abubakr, Untersuchungen über die ägyptischen Kronen (1937). G. Roeder, Ρelizäus-Museum Hildesheim, Ägyptische Bronzewerke (1937) § 327; ders., Ägyptische Bronzefiguren, Staatl. Mus. z. Berlin. Mitt, aus d. Ägypt. Slg. VI (1956) § 161, d.f; 172, e; 174, f; 175, u.t.vb. — Zu Heraklesamuletten und Koliken: Bonner, Amulets
62ff.