S. Michel, Die Magischen Gemmen im Britischen Museum, 2001, 45-46, no. 68.
Dunkelgrüner Jaspis, schwach poliert. Hochoval, beiderseits flach, Rand breit und unregelmäßig nach hinten abgeschrägt, Kante nach vorn. Große Absplißmulde auf der Vs. oben sowie kleine Absplisse an der Kante links und unten und sowie rechts.
3,25 x 2,4 x 1,74
3. Jh.n.Chr.
Herkunft unbekannt.
Brit. Mus. Inv. G 600, 1979,10-3,4, ehemals orient. Abt. Nr. 6.
Vs.: Hekate frontal auf einer Grundlinie stehend. Die Göttin hat einen Körper, von dem sechs Arme und drei Köpfe ausgehen und ist mit einem bauschig fallenden, knöchellangen Gewand bekleidet. Faltenwurf ist mit fischgrätenähnlich gesetzten Linien angedeutet. Die übereinander gestaffelten Arme sind angewinkelt waagerecht ausgestreckt, das untere Armpaar trägt Geißeln, das mittlere Dolche und das obere Fackeln. Links und rechts des frontal gezeigten Kopfes sitzt auf je einem weiteren, aus den Schultern entspringenden Hals antithetisch im Profil jeweils ein weiterer Kopf. Gesicht und Profile sind nur grob angedeutet, auf den Köpfen je ein Polos, der mittlere wohl durch Abspliß verloren gegangen. Unter Hekate, jeweils auf einer kurzen Standlinie, drei grotesk wirkende, frontal gezeigte menschliche Figuren mit Tierköpfen: links eine mit überdimensional großem, entenähnlichem Vogelkopf mit leicht geöffnetem Schnabel im Profil nach links, in der Mitte eine kleine, besser proportionierte Figur mit Schakalkopf im Profil nach rechts und schließlich eine Figur mit Ibiskopf ebenfalls im Profil nach rechts. Die Figuren sind unbekleidet und tragen keine Attribute, die Arme hängen jeweils seitlich des Körpers herab.
Rs.: Auf einer kurzen Grundlinie im Profil nach links eine unbekleidete männliche Figur. Sich auf einen Gegenstand stützend, hat sie das linke Bein gestreckt auf die Grundlinie aufgesetzt, das Spielbein ist leicht angewinkelt. Bauch- und Hüftpartie sind dementsprechend Vorgeschoben, Geschlechtsteile sind kaum angedeutet, Μuskulaturangabe des in Vorderansicht gedrehten Oberkörpers fehlt. Die ephebenhafte Gestalt hat den rechten Arm angewinkelt vor den Körper gestreckt und hält einen Stab oder Zepter, der linke ist entspannt angewinkelt auf einen linearen Pfeiler gelehnt. Dieser besteht aus drei senkrechten Kerben, oben und unten jeweils mit einer waagerechten abschließend, sowie zwei fischgrätenähnlich gesetzten kurzen Schrägkerben in der Mitte. Der Kopf der Figur ist grob mit Profil versehen: Kinn, Lippen und Nase sind angedeutet sowie eine griechische Frisur und ein im Νakken flatterndes Band (Kranz). Im freien Feld links unten beginnend und umlaufend Inschrift: ΕIΛΕWCΕCOAΙΜΟΙΠPΟCEΡΙ WΕΙ
unter der Figur:
CO
Rand: Fortführung der auf der Rs. begonnenen Inschrift in zwei Reihen umlaufend: AΝΕΠΙΒAΛΛΟΜAΙΠΟΙΗCAΙΚΕAICΟΜΟΙΕΠΙ
ΤΕΥΚΤΙΔAΟΝ
Gebet und Anruf an eine Gottheit mit der Bitte um ein glückliches Schicksal
In der stark entstellten griechischen Inschrift könnte gelesen werden: ἳλεως ἔσσε ὲμοι, προσερῶ σε ἄν („sei mir gnädig, wenn ich dich anbete/beim Namen nenne”). Weiterhin scheint enthalten zu sein: ἐπιβάλλομαι (νgl. ἐπιβάλλει μοι, „es kommt mir zu”), ποιήσαι (von ποιέω, „machen, verschaffen”), καί („und”), αἶσά μοι („es ist mir beschieden”), ἡ ἐπίτευξις („das Glück, Εrreichen”).
Die Darstellung der Hekate auf der Vorderseite entspricht dem bekannten Typus, auch Kopfbedeckung und attribute sind eingehalten. Die drei Figuren unter der Göttin scheinen auf Falke (Horus), Schakal (Anubis) und Ibis (Thoth) anzuspielen und erinnern an Darstellungen der Göttin mit Tierköpfen. Die knabenhafte Figur der Rückseite stellt Αpollon dar, der sich wie Statuen des 4. Jh.v.Chr. an einen Pfeiler lehnt, vielleicht ist der delphische Dreifuß gemeint. Die Verbindung Hekate und Apollon legt zunächst eine synkretistisch zu verstehende Ηekate/Artemis Auslegung nahe, da Apollon der Zwillingsbruder der Artemis war, auch könnte man hierin die Polarität Sonne-Μοnd, männlich-weiblich visualisiert sehen.
Sehr furchig und ausgefranst geschnitten, silhouettenhaft flach und ohne Details. Die flächigen Linienkerben sind dennoch sicher und souverän gesetzt und stören den Gesamteindruck nicht (Faltenwurf bei Hekate). Die Ρrοportionen sind insgesamt stimmig, die Raumnutzung gut.
Lit.: Zu Hekate:
66 /CBd-445/(Lit.),
67 /CBd-129/(Lit.),
71 /CBd-471/(Lit.). - Zu Apollon: W. LAΜBRIΝUDAKIS U.A., Ε. SΙMON - G. ΒAUCHΗΕNSS, in: LIΜC II 1 (1984) 183ff., 363ff.: s.ν. Apollοn/Apollo.
Vgl.:
66 /CBd-445/(Vgl.),
67 /CBd-129/,
69 /CBd-447/,
70 /CBd-470/.