S. Michel, Die Magischen Gemmen im Britischen Museum, 2001, 59-60, no. 90.
Bräunlicher, weicher Stein, matt (BritMusLab: „Siltstone”). Hochoval, beiderseits flach, Rand nach hinten abgeschrägt, Kante rund. Absplisse auf der Vs. ringsum. Oben durchbohrt. Anhänger.
4,8 x 3,8 x 0,5
3. Jh.n.Chr.
Geschenkt von A.W. Franks, Esq. (1887).
Brit. Mus. Inv. G 477, EA 56477.
Vs.: Innerhalb einer unregelmäßigen linearen Umrahmung eine Dreifigurengruppe auf einer Grundlinie. Im Zentrum Isis, frontal im Kontrapost stehend, Kopf im Profil nach rechts. Die Göttin ist mit einem ärmellosen, durchscheinenden Gewand sowie einem Mantel bekleidet, der um die Hüften geschlungen über die Beine herabfällt. Bauchnabel und Brüste sind durch das Gewand erkennbar. Mit dem rechten, angewinkelt erhobenen Arm halt Isis ein standartenähnliches Zepter, das von einer Kuh oder einem Stier im Profil nach rechts bekrönt wird, den linken hat sie auf die Schulter der männlichen Figur neben ihr gelegt, bei der es sich wohl um Osiris handelt. Das Profil der Isis ist flüchtig mit rundlicher Wange, kleinem Kinn, Nase und Auge angegeben, das Haar in einem Lockenkranz um den Kopf geführt, im Nacken wohl eine Strähne oder Zopf. Auf dem Kopf die Krone aus zwei Federn und Kuhgehörn. Osiris rechts neben ihr ist frontal mit Kopf im Profil nach links gezeigt und mit einem um die Hüften drapierten Himation bekleidet, das Ober die linke Schulter geworfen ist und senkrecht herabhängt. Ein korselettähnliches Oberhemd mit Rautenmuster ist als Reminiszenz an die Mumienbinden zu verstehen. Der linke Arm ist angewinkelt erhoben und hält wie Isis ein langes Zepter, das oben durch Abspliß zerstört ist. Mit der Rechten berührt der Gott Isis an dem um die Hüften geschlungenen Gewand, sein Kopf ist detailliert gearbeitet: ein winzig kleiner Götterbart scheint am Kinn abzustehen, die Wangenpartie ist rundlich, Nase und ein Auge mit Augenbraue sind subtil ausgearbeitet. Auf dem Kopf der Sonnendiskus mit Uräusschlange. Links im Bild, auf einem halbhohen zylindrischen Podest mit rundlicher Basis und Abschluß Harpokrates, frontal, Beine und Profil nach links. Das Kind ist mit einem kurzen Schurz bekleidet, Muskulatur nicht angegeben, beide Arme hängen seitlich des Körpers herab, Attribute sind nicht näher identifizierbar (kurze Stöcke?). Der Kopf ist kahl, die Jugendlocke angedeutet, auf dem Kopf wohl die Hehemkrone (drei Papyrusbündel auf Hörnern). Innerhalb der linearen Umrahmung im freien Feld verteilt und meist senkrecht untereinander zwischen den Figuren angeordnet insgesamt zwanzig achtstrahlige Sterne.
Rs.: leer.
Das bis auf die Hüften gerutschte Gewand, Haltung und Zepter weisen auf Isis/Hathor-Aphrodite hin, eine Identifikation, die auch Vergleichsbeispiele durch die Inschrift ->Arôriphrasis, und bisweilen das Steinmaterial Lapislazuli, belegen. Während Bonner die lineare Umrahmung der Gruppe als nachträglich eingeritzt sehen will und nach Notizen M. Smiths der „billige” Stein ein Lehrstück und die Linien die Skizze eines Steinschneiderlehrlings wären, belegen Vergleichsbeispiele Isis - mitunter mit einer Schlange als Attribut - mehrfach innerhalb einer solchen Umrahmung und von Sternen umgeben, in den Publikationen als Sternenmantel oder unregelmäßige ungemusterte Schlange (Ouroboros) beschrieben.
Die Darstellung der ägyptischen Göttertriade, der „heiligen Familie”, sowie Isis/Osiris als Liebespaar schlechthin und schließlich die Gleichsetzung Isis/Hathor-Aphrodite legen es nahe, ein Amulett aus dem Bereich des Liebeszaubers zu vermuten. Die Darstellung ist kleinteilig und detailliert, die Profile subtil ausgearbeitet. Feine Linien, Rundungen und Flächen halten sich die Waage. Haltungen und Proportionen sind in Manier der kaiserzeitlichen Glyptik und überzeugen, auch die Raumnutzung ist gut. Der weiche zeichnerische und flächenhafte Stil, die Linienführung des umrahmenden Dekors dürften Eigentümlichkeit einer Werkstatt sein, die sich auch auf den Vergleichsstücken gut verfolgen läßt.
Publ.: BONNER, BRITMUS 320 Taf. 96, 4; PHILIPP. BERLIN 67f. zu
Nr. 80 /CBd-2056/.
Lit.: Zum Motiv: DELATTE-DERCHAIN 86 zu Nr. 106ff.; PHILIPP, BERLIN 67f. zu
Nr. 80 /CBd-2056/. (Isis und Ptah). - Zum Sternenmantel: R. EISLER, Weltenmacht und Himmelszelt I (1910) 51ff., bes. 69f.; TRAN TAM TINH, Un statuette d' Isis-Ourania, RA 1970, 290f.; TH. KRAUS, JdI 94, 1979, 576 Anm.42.
Vgl.: Roter Jaspis PHILIPP, BERLIN
67 Taf. 19, 80 /CBd-2056/; Hämatit AGD III BRAUNSCHWEIG 54 Taf. 24, 190; Grüner und schwarzer Jaspis, Lapislazuli DELATTE-DERCHAIN 86f. Nr. 106-108; Lapislazuli AGWIEN III
157 Taf. 92, 2191 /CBd-2434/; ferner grüner Jaspis GRAMATOPOL (1974) 72 Taf. 21, 425b.