The CBd
Michel, BM on CBd-149
S. Michel, Die Magischen Gemmen im Britischen Museum, 2001, 170, no. 276.

Gelber Jaspis, poliert, in den Vertiefungen matt. beiderseits flach, Rand nach hinten abgeschrägt, Kante abgerundet. Absplitterungen an der Kante und Vs. Eine dunkelbraune Ader senkrecht durch den Stein laufend. Ringstein.

1,7 x 1,3 x 0,3
3. Jh.n.Chr.
Herkunft unbekannt.
Brit. Mus. Inv. G 44, EA 56044.

Vs.: Auf einer Grundlinie im Profil nach links schreitende unbekleidete menschliche Figur mit Löwenkopf. Brust- und Bauchmuskulatur sind nicht ausgearbeitet, Geschlechtsteile nicht angegeben, die Glutäen dagegen betont. In der leicht angewinkelt ausgestreckten Rechten ein grob geschnittenes Medusenhaupt, in der eng am Körper gehaltenen angewinkelten Linken ein Stab oder kurzes Zepter sowie ein Flagellum. Der Hals der Figur ist lang und leicht gebogen, die Mähne durch fischgrätenähnliche Kerben angedeutet. Der Löwenkopf hat ein leicht geöffnetes Maul mit rundlichem Unter- und kleinem Oberkiefer, eine betont kantige, lange Nase, einen großen Brauenwulst sowie ein kleines Ohr.

Rs.: Queroval. Langgewandete Figur mit Hand am Mund in einem Von zwei großen Schlangen gezogenen Wagen stehend, der nur mit einem kleinen Rad und einer Querkerbe darüber bezeichnet ist. Die beiden großen Schlangenleiber sind glatt, die Köpfe mit geöffneten Mäulern bärtig und gehörnt oder bekrönt. Im freien Feld darüber ->Charakteres: ein achtstrahliger Stern sowie zwei Z, jeweils mit „Brillen", darunter Inschrift:
IΑW
->Iaô

Rand: unten beginnend und umlaufend:
ΑΒPΑCAΞ
->Abrasax

Die der griechischen Mythologie entstammende motivische Parallele „Perseus enthauptet die schwangere Medusa” kann auf „Gilgamesch enthauptet Humbaba” zurückgeführt und mit einem Mythos verbunden werden, nach dem Horus seine Mutter Isis enthauptet. Immer wird hierbei dis Enthaupten als kreativer Akt dargestellt, bei dem neues Leben aus dem Blut des abgetrennten Kopfes entsteht. Das Medusen- oder Gorgonenhaupt läßt sich in magisch-medizinischem Zusammenhang als ein Symbol für den weiblichen Uterus verfolgen (Hystera), auch ist bei Vergleichsbeispielen zu diesem Motiv etwa durch spezifische Inschriften auf eine Beziehung zur Uterusthematik hingewiesen. Der kosmische Uterus und das Streben dahin zurück spielt eine große Rolle in den komplizierten Kosmogonien der Gnosis, mit denen sich auch die lowenköpfige Figur vereinen ließe. So galt beispielsweise gemäß der ophitischen Gnosis Ialdabaoth - das Schöpferprinzip der Welt, von dem die anderen sechs Archonten abstammten - als „löwengesichtig”. Dementsprechend ist er als Leontokephalos, ebenfalls ohne Strahlen, mit Zepter und Situla auf einer Gemme dargestellt und nur durch die inschriftlich das Bild begleitenden Namen der sieben ophitischen Archonten inhaltlich von anderen Leontokephaloi differenziert. Eine Interpretation als die Göttin Sachmet - wie sie M. Smith Notizen zufolge für die löwenkopfige Figur annimmt - ist nicht haltbar. Auch das Motiv der Rs., das motivisch an Τriptolemos im Schlangenwagen erinnert, könnte auf gnostische Kosmogonievorstellungen weisen. In griechischer Parallele weist der Schlangenwagen auf die Gottin Demeter als Mutter der Erde, die sowohl alles Lebendige aus ihrem Schoße hervorgehen läßt als auch alles Todgeweihte wieder zu sich nimmt. Die stehende Figur wäre am ehesten als Sigé zu interpretieren, das personifizierte heilige Schweigen, das in der Gnosis eine wichtige Rolle spielte. M. Smith sieht dagegen eine Illustration zu Εzekiel 1:26: Jahwe auf dem aus den Seraphim gebildeten Thron mit Rädern.

Flach und ohne Details silhouettenhaft geschnitten, dennoch klar artikuliert. Die Proportionen und Bewegungen sind nicht ganz stimmig, die Raumnutzung dagegen geglückt.

Publ.: BUDGE, GUIDE 241; GOODENOUGH II 261 Anm.381, III 1127; SMITH, ΟLD TESTAMENT MOTIFS 189f. Abb. 2.

Lit.: Zum Motiv der Vs.: BONNER 90f.; BARB, DIVA MATRIX 197ff., 208ff.; DELATTE-DERCHAIN 221ff. zu Nr. 306.308; L.J. ROCCOS, in: LIMC VII 1 (1994) 332ff. s.v. Perseus. - Zum Motiv der Rs.: SMITH, ΟLD TESTAMENT MOTIFS 199; 280 /CBd-666/(Lit.). - Zu Ialdabaoth: BONNER, ΟPHITE GNOSTICS 43ff., 45 Αnm.8 und 9 (Quellen, Lit.); BONNER 135f.; GERSCHOM G. SCHOLEM, Jewish Gnosticism, Merkabah Mysticism, and Talmudic Tradition 2(1965) 72; S. DAVIES, The Lion-Ηeaded Yaldabaoth, Journal of Religious History 11, 1980-81, 495ff.; JACKSON, LION 16ff.; KOTANSKΥ-SPIER 327f.; - Zu „Ηystera”: 618 /CBd-977/(Lit.). - Zu Sachmet: Silberstatuette BRUNNER, ΟSIRIS 44 zu Nr. 28.

Vgl.: Zulöwenköpfiger Figur mit Medusenhaupt: Gelber und grüner Jaspis DELATTE-DERCHAIN 224f. Nr. 306.308; Grau grüner Jaspis AGHAGUE 357 Taf. 174, 1127. - Zu Ialdabaoth auf Gemmen: Grün-roter Jaspis BONNER 284 Taf. 9, 188 /CBd-1384/. - Zu Sachmet auf Gemmen (?): Hämatit AGD III KASSEL 243f.. Taf. 111, 183. - Zu löwenköpfigen Figuren: 265 /CBd-159/(Vgl.)275 /CBd-86/(Vgl.).
Last modified: 2015-08-07 12:20:52
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