S. Michel, Die Magischen Gemmen im Britischen Museum, 2001, 203, no. 319.
Dunkelbrauner Achat, wolkig, nachträglich sehr stark poliert. Hochoval, beiderseits flach, Rand gerade und abgerundet, Kante rund. Gut erhalten.
2,25 x 1,8 x 0,35
3. Jh.n.Chr.
Aus der Sammlung Hamilton (1772)
Brit. Mus. Inv. G 21, EA 56021.
Vs.: Chnoubis im Profil nach links. Εin Nimbus mit sieben Doppelstrahlen umgibt den Löwenkopf. Dieser ist mit einer breiten wulstigen Kerbe (Brauenwulst?), einem kleinen Auge, einer länglichen Nase und einem gewölbten Oberkiefer sehr detailliert geschnitten. Das Maul ist geöffnet, die Zunge erkennbar. Fein geordnet bilden einige breite, in sich kleinteilig gestrichelte Kerben die Mähne, unter dem Kiefer ein kleiner Bart. Der Schlangenleib ist säuberlich gerippt, eine senkrechte Linie zieht sich zusätzlich über die gesamte Körperlänge der Schlange. Der Leib ist in Form einer liegenden Acht gewunden, die rechte Schleife größer als die linke, die unvermittelt angesetzte Schwanzspitze zeigt nach unten. Links im Bild senkrecht das Chnoubiszeichen, drei s-förmige Linien mit Querbalken, rechts neben der Schlange eine Inschrift in zwei Reihen:
ΧΝΟΥ
MEW
Unter der Darstellung zwei sechsstrahlige Sterne und die dem unteren Halbrund folgende Inschrift:
ΑΒPΑCAΞ
„Chnoum”, Silbe EW, ->Abrasax
Die Silbe EW kann verschiedene Bedeutung haben, u.a. auch als Konjunktivform von EIMl, „ich bin” aufgefaßt werden.
Rs.: Überkopf, hochoval. Auf einer Grundlinie stehen eine männliche und eine weibliche Figur in Vorderansicht, die Köpfe im Profil einander zugewandt. Die linke Figur - Asklepios - ist glatzköpfig, der Oberkörper nackt. Um den Hals trägt der Mann einen runden Gegenstand an einem Band, wohl ein Amulett. Der Unterleib ist von einem Himation bedeckt, das auch über die linke Schulter und den angewinkelten linken Arm fällt, die linke Hand ist geöffnet vorgestreckt. Der rechte, dünne Arm ist lokker an der rechten Seite angebeugt, die Hand stützt sich auf einen Stab, an dem sich eine Schlange emporwindet. Die weibliche Figur - Asklepios' Tochter Hygieia - ist mit einem eng gewickelten Chiton und Himation bekleidet, Haarwulst und -kalotte sind fein ausgearbeitet. Ihr linker Arm ist angewinkelt, mit der Hand hält sie eine Schlange, die sich hinter ihrem Körper zu einer Schale in der Rechten windet, aus der sie gefüttert wird. Der glatt rasierte Schädel des Mannes weist darauf hin, daß es sich um einen Priester und somit eine Gleichsetzung von Asklepios mit Imhotep, dem Hohepriester von Heliopolis und obersten Vorlesepriester unter König Djoser handelt. Wie die Hungersnotstele erzählt, wird der Priester Imhotep vom König Djoser geschickt, um Auskünfte über das Quellgebiet des Nils einzuholen, wobei er in Erfahrung bringt, daß die Quellen bei Elephantine liegen und der Gott Chnum nicht nur der Herr über dieses Gebiet ist, sondern auch über die Nilüberschwemmung herrscht. Unter Ptolemaios V. fungiert Imhotep selbst als Bringer der Nilüberschwemmung und Vermittler von Kindersegen (vgl. Chnoubis) und wird schließlich - in der griechischen und lateinischen Literatur unter dem Namen Imuthes bekannt - im ptolemäischen und römischen Theben als Heilgott verehrt. Wie Chnoubis, der auf der Gegenseite erscheint, sind auch Asklepios und Hygieia astrologisch behaftete Figuren. Sie stellen nach astromedizinischen Texten Varianten des Sternbildes „Ophiouchos” dar (
346 /CBd-723/).
Die Figuren sind äußerst sorgfältig und detailliert geschnitten. Die Profile sind klar erkennbar, die Stoffalten der Gewänder mit feinen Linien angegeben. Proportionen und Raumnutzung sind geglückt. Der kleinteilige, sorgfältige Schnitt (Kopf der Hygieia) stimmt stilistisch mit der Chnoubisdarstellung der Vs. überein (z.B. Kopf des Löwen und Muster des Schlangenleibes).
Publ.: BONNER, BRITMUS 326 Taf. 97, 22; MICHEL, AΜULETTGEMMEN 386 Anm.2 (erw.).
Lit.: Ζu Motiv und Inschrift der Vs.:
304 /CBd-690/(Lit.); PREISENDANZ, PGM IX 8; BONNER
229f. (mit Beispielen). - Zum Motiv der Rs.: J. WELLNER, Ein mit dem Gemmenabdruck des Asklepius und der Hygiaia verziertes Gefäß aus Aquincum, AΕrt 92, 1965, 42ff. (ungarisch). - Ζu Imhotep: D. WILDUNG, Imhotep und Amenhotep, Gotteserdung im alten Ägypten, MÄS 36, 1977; D. Wildung, in: LÄ III (1980) 146ff. s.v. Imhotep. - Zum Thema Asklepios-Imhotep: A. ERMANN, Die Religion der Ägypter 3(1934) 326, 295, 415; W.A. JAΥNE, The Healing Gods of Ancient Civilizations (1925) 62ff. Taf. gegenüber 32; Ε.J. ΕDELSTEIN-L. EDELSTEIN, Asclepius II (1945) 79 Anm.9, 252. - Ζu Asklepios und Hygieia als Sternbilder: GUNDEL, DEKANE 72f. - Ζu Asklepios allg.:
74 /CBd-474/(Lit.). - Zur Hungersnotstele: P. BARGUET, La Stčle de la famine ŕ Séhel (1953) 14, 27 Taf. 1, 33ff.
Vgl.: Ζu Chnoubis mit Νimbus/Doppelstrahlen:
317 /CBd-703/,
320 /CBd-706/–322 /CBd-708/,
325 /CBd-711/,
326 /CBd-712/, ferner
327 /CBd-713/,
338 /CBd-715/. - Zum Motiv allg.:
304 /CBd-690/(Vgl.)
–318 /CBd-704/,
320 /CBd-706/(Vgl.)
–326 /CBd-712/, ferner
327 /CBd-713/(Vgl.)
–338 /CBd-715/(Vgl.). - Ζu Motivkombinationen mit Chnoubis: Praser und Bergkristall DELATΤE-DERCHAIN 69f. Νr. 85.86; Praser PANNUTI, ΝAPOLI 319ff. Νr. 284; Chalcedon BONNER
268 Taf. 5, 97 /CBd-1045/; Grüner Jaspis, gelb gesprenkelt AGSOFIA 95 Nr. 264; Hämatit-Frgt.
SKOLUDA 10 /CBd-1694/. MICHEL, AMULETTGEMMEN 380 Abb. 4; ferner hier
338 /CBd-715/,
67 /CBd-129/. - Ζu Asklepios:
74 /CBd-474/(Vgl.),
488 /CBd-846/.