The CBd
Michel, BM on CBd-651
S. Michel, Die Magischen Gemmen im Britischen Museum, 2001, 156, no. 253.

Roter Jaspis, poliert. Queroval, Vs. flach, Rs. leicht konvex, Rand nach vorn abgeschrägt, Kante nach hinten. Kante links unten bestoßen, Abspliß in die Rs. reichend. Ringstein.

1,5 x 1,7 x 0,3
3. Jh.n.Chr.
Von Jack Ogden (1986).
Brit. Mus. Inv. G 1986,5-1,93.

Vs.: Löwe im Profil nach links auf einer Grundlinie schreitend. Fell ist nicht angegeben, die Mähne nur grob gekerbt, das Maul geöffnet, der Schwanz schwingt - wohl wie üblich als Schlangenkopf endend - s-förmig nach oben. Über dem Löwenrücken im freien Feld eine nach links geöffnete Mondsichel.

Rs.: Inschrift in fünf Reihen:
ΧAΒPAX
ΦΝΕCXΗPΦI
XPΟΦΝΥPW
ΦWXWΒW
X
→Chabrach-Logos

Die Gemmen dieser Gruppe zeigen - wie hier - den Löwen vorrangig im Profil nach links schreitend. Auch als Zeichen des Zodiakos wird der Löwe meist im Profil und vorwiegend in Bewegung dargestellt: entweder in Richtung auf den Krebs oder umgekehrt in Richtung auf die Jungfrau, wobei die Körperhaltung zwischen springend, laufend und schreitend sowie zum Sprung ansetzend variiert, seltener ist das Tier stehend gezeigt. Der Löwe gilt als das Haus der Sonne, die, wie auf diesem Exemplar, über ihm erscheinende Mondsichel könnte dementsprechend kosmisch gedeutet und als Gegenpol zur Sonne in Gestalt des Löwen gesehen werden. Oftmals sind auch Sterne in den freien Raum gesetzt, deren Verteilung variiert: ein Stern über dem Rücken oder zwei Sterne - einer über dem Löwen, der andere vor der Brust des Löwen (255 /CBd-653/257 /CBd-655/). Der Stern über dem Rücken bezeichnet die Sonne als den mit dem Löwen verbundenen Planeten und kennzeichnet ein solches Gemmenbild „astrologisch” als Sonnenstand-Horoskop (sol in leone). Der Stern vor der Brust dürfte dagegen auf den tatsächlich am Sternbild auffällig großen Stern Regulus hinweisen. Weiterhin kann der Löwe auch von mehreren Sternen (meist sieben) sowie einer Mondsichel umgeben sein, womit die Pleiaden bzw. der Kosmos an sich symbolisiert wäre. Der Inhalt des Löwenbildes erschöpft sich jedoch nicht mit der Bedeutung als astrologisches Symbol. Wie auf diesem Stück die Inschrift der Rs. den Löwen als Sonnentier und solare Macht kennzeichnet, so wurde das Raubtier auch bereits in Alt-Ägypten mit dem Sonnengott identifiziert. Ιm Siegesritual von Edfu bezeichnet Isis ihren Sohn Horus als „wildblickenden Löwe” und Zahlreiche Monumente belegen, daß der Sonnengott, z.B. in Heliopolis, als Löwe angebetet wurde. Ebenso steht die Raubkatze als Symbol des siegreichen Sonnengottes auf der Metternichstele auf einem Krokodil oder einem Skorpion. Auch den Griechen war der ägyptische Löwenkult bekannt, Schriftquellen erklären die Gleichsetzung von Sonne und Löwe etwa lapidar damit, daß - ähnlich wie die Sonne mit Strahlen - der Kopf des Tieres mit strahlenförmigen Haaren umgeben sei. Eine große Rolle spielte der Löwe schließlich im Mithraismus: der vierte Grad der Mysterien, in dem die meisten Mithrasdiener standen, war nach ihm benannt, die einem „Pater” unterstehende Mystengruppe eines Heiligtums setzte sich vor allem aus „Löwen” zusammen, und das Mithrasheiligtum selbst wurde „Leonteum - Aufenthaltsort der Löwen -” genannt. Daß Vergleichsbeispiele mit Löwenbild oftmals auch lateinisch klingende Namensinschriften tragen, weist nicht nur darauf hin, daß es sich um Amulette handelt, die während der Kaiserzeit mit dem Mithraskult zu assoziieren sind, sondern könnte auch die Annahme unterstützen, daß der Myste mit der Weihe auch einen neuen Namen erhielt.

Das vorliegende Amulett ist flüchtig und silhouettenhaft ohne Detail geschnitten, aber klar erkennbar und in der Bewegung sowie den Proportionen stimmig.

Lit.: Zum Motiv: BONNER 150f.; DELATTE-DERCHAIN 221f.; WORTMANN, NILFLUT 80ff; HAMBURGER, CAESAREA 14f. zu Nr. 107ff.; PHILIPP, BERLIN 43 zu Nr. 32 /CBd-2008/; SLIWA, CIAZYNSKI COLL. 91 ff. zu Nr. 131 ff. - Zum Löwen allg.: W.M. BRASHEAR, Gnomon 68, Heft 5, 1996, 451 (Lit.). - Zum Löwen als Ζodion und astrologisches Symbol: BONNER 35f., 264f.; JACKSON, LION 59ff.; GUNDEL, ZODIAKOS 70, 1541 - Zur Identifikation des Löwen mit der Sonne bzw. dem Sonnengott: E.A.W. BUDGE, The Gods of the Εgyptians II (1904) 360; HOPFNER, TIERKULT 40ff., 180, 182; BETZ/PREISENDANZ, PGM IV 939, III 511, IV 1667, XXXVIII 25 („Mορφην gχειc λέoντoς”); C. D WIT, Le rote et le sens du lion dans l'ancienne Εgypte (1951) 237ff. (Horus/Löwe); WORTMANN, NILFLUT 83 Anm.133. - Zur Metternichstele: 159 /CBd-2114/(Lit.). - Zum Schlangenschwanz bzw. Löwe/ Schlange: HAMBURGER, CAESAREA 15 zu Nr. 114; PHILIPP, BERLIN 92 zu Nr. 136 /CBd-219/. - Zum Löwen im Mithraskult: 12. MERKELBACH, Mithras (1984) 102 Anm.9.10, 105f., 139; DERS., Die römischen Mithrasmysterien, in: Spätantike und frühes Christentum, Ausstellungskatalog Liebighaus Frankfurt (1983/ 84) 124ff., bes. 130f.; W.M. BRASΗΕAR, Εin mithräischer Katechismus aus Ägypten in Berlin, AW 24, 1993, 2ff.; Ders., A Mithraic Catechism from Εgypt, Tyche Suppl. 1 (1992) 45ff.; ferner 251 /CBd-649/(Lit.).

Vgl.: Zum Motiv: Hämatit und Kupfer SCΗWARTZ (1979) 163 Taf. 34, 10 /CBd-1762/.11 /CBd-1763/; Hämatite, Chalcedon, Bergkristall, Citrin und gelber Jaspis BONNER 265 Taf. 4, 73 /CBd-1319/.74 /CBd-1320/, 293 Taf. 11, 237 /CBd-458/240 /CBd-1069/, 315 Taf. 20, 366 /CBd-1268/; Karneol SLIWA, CIAZYNSKI COLL. Taf. 25, 131; Schwarzer Jaspis, Heliotrop und Glas, schwarz HAMBURGER, CAESAREA 15f., 33 Taf. 5, 113-115; Grüner Jaspis DERCHAIN (1964) 1851, 187 Nr. 12.; Gelber Jaspis SOSSIDI 15 (unpubl.); Chalcedon PHILIPP, BERLIN 92 Taf. 35, 136 /CBd-219/; hier 254 /CBd-652/256 /CBd-654/. - Ζu astrologischen Löwendarstellungen: GUNDEL, ZODIAKOS 70 Abb. 35, 280 Nr. 260, 278 Nr. 254 Abb. S. 277, 1-12 (Lit, Münzbeispiele), 282 Nr. 261, 1-4 (Gemmenbeispiele); Heliotrop PHILIPP, BERLIN 43 Taf. 7, 32 /CBd-2008/. - Ζu Löwe und Jupiter: 261 /CBd-659/, 262 /CBd-660/.

 

Last modified: 2015-10-05 01:09:27
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