The CBd
Michel, BM on CBd-685
S. Michel, Die Magischen Gemmen im Britischen Museum, 2001, 189, no. 299.

Bergkristall, poliert, in den Vertiefungen matt. Queroval, beiderseits flach, Rand stark gewölbt nach hinten abgerundet, Kante nach vorn abgeschrägt. Sprung vom unteren Rand zur Mitte hin. Medaillon.

3,6 x 5,5 x 0,75
16./17. Jh.n.Chr.?
Herkunft unbekannt.
Brit. Mus. Inv. G 36, ΕA 56036.

Vs.: Ein hahnenköpfiger Greif im Profil nach links über eine am Boden liegende, männliche Figur hinwegschreitend. Die Figur am Boden ist in Dreiviertelansicht auf dem Bauch liegend gezeigt und unbekleidet. Geschlechtsteile, Brust- und Bauchmuskulatur sind angegeben, selbst Brustwarzen erkennbar. Der Mann hat beide Arme wie in „Gebetshaltung” angewinkelt, die geöffneten Handflächen berühren einander. Auch das Profil ist detailliert mit Lippen, großer Nase und winzigem Auge ausgearbeitet, das Haar kurz am Kopf anliegend. Das löwenhafte Greifenmischwesen hat jeweils eine Tatze auf Kopf, Schulter, Gesäß und Wade des Mannes gesetzt. Der Löwenkörper - insbesondere die Bauchpartie - ist mit Muskulatur durchgearbeitet, an Brust und Hals ist Fell bzw. Mähne angedeutet, der Löwenschwanz schwingt dünn und ohne Quaste sförmig nach oben. Ein großer Schnabel mit Hautlappen darunter sowie ein kleines Auge mit Brauenwulst und Hahnenkamm charakterisieren den Kopf des Mischwesens als Hahnenkopf. Links im Bildfeld steht - dem Greifen zugewandt - eine kleine menschliche Figur mit versetztem Stand- und Spielbein auf einer gewölbten Grundlinie. Mit beiden erhobenen Armen streckt sie dem Greifen einen großen Palmzweig entgegen. Trotz der geringen Größe dieser Figur ist der unbekleidete Körper subtil mit Muskulatur und Geschlechtsteilen sowie Gesichtsprofil versehen. Im freien Feld Buchstaben und Inschriften, über dem Greif in einer Reihe:
AΡAΒA
Links vor dem Hahnenschnabel beginnend in drei Reihen:
ΘY
WO
YI
Unter dem Greifenbauch:
ΛΕ
Unter dem liegenden Mann:
ΛIC
In dem Wort ΑΡAΒAΘΥW könnte APΒAΘ IAW stecken, eine Umschreibung des „Vierbuchstabigen”. M. Smith schlägt nach Notizen die Übersetzung „Arbathio destroy (the Body) of matter” vor.

Rs.: Buchstaben in einer Reihe:
WCΞ
Abkürzung oder Ζahl 1060?

Motiv und Inschriften machen transparent, daß eine weitere Variation der von den vorangegangenen Stücken repräsentierten Thematik vorliegt. M. Smith versteht nach Notizen die kleine Figur als die in Eros personifizierte göttlichen Liebe, den Palmzweig als Siegessymbol und den Greifen als die personifizierte Seele des am Boden liegenden Körpers: während die befreite Seele triumphiere, sollte die irdische Hülle vernichtet werden. Vor dem Hintergrund zur Thematik der bereits behandelten Stücke wäre es naheliegender, die Seele in der kleinen Figur mit dem Palmzweig (Regenerationssymbol) zu vermuten und das männliche Greifenmischwesen mit Petbe bzw. der Greifin der Nemesis zu assoziieren, wobei ebenso eine Identifikation mit dem Sonnengott beabsichtigt ist (Löwenkörper und Hahnenkopf). Stil und Motivabwandlungen zeigen, daß es sich nicht um ein antikes Stück handelt.

Die Figuren sind äußerst subtil und präzise geschnitten, die kleinsten Details bedacht und ausgearbeitet. Proportionen und Körpermodellierung, Bewegung und Raumnutzung sind gut. Εine meisterhafte Arbeit, die in der Spätrenaissance entstanden sein könnte.

Publ.: BUDGE, GUIDE 241.

Lit.: Zu Motiv und Thema: 279 /CBd-665/(Lit.), 296 /CBd-682/(Lit.), 298 /CBd-684/(Lit.). - Zu ΑΡΒΑ: 12 /CBd-391/(Lit.). - Zur Palme: 40 /CBd-419/(Lit.).

Vgl.: Zu Motiv und Thema: 298 /CBd-684/(Vgl.), ferner Hämatit PHILIPP, BERLIN 115f. Taf. 49, 188 /CBd-2141/; 279 /CBd-665/(Vgl.)284 /CBd-670/, 286 /CBd-672/, 287 /CBd-673/(Vgl.), 289 /CBd-675/(Rs.). - Zu ΑΡΒΑ: 12 /CBd-391/, 31 /CBd-410/, ferner 580 /CBd-939/.

 

Last modified: 2015-10-10 10:31:05
Link: cbd.mfab.hu/pandecta/430

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